Anna und ihre Nachfahren
Armut und angeblich „asoziales“ Verhalten brachten Anna Burger ins Konzentrationslager.
„Bis heute hält sich hartnäckig die Sichtweise, die als ‚asozial‘ oder ‚kriminell‘ Verfolgten hätten ihre Haft selbst verschuldet, wären zu Recht im Konzentrationslager gewesen“, schreibt Brigitte Halbmayr in ihrem Buch „Brüchiges Schweigen“ über Anna Burger. Burger wurde als sogenannte „Asoziale“ im KZ Ravensbrück von den Nazis ermordet. Die Nazis verfolgten mit der ihnen eigenen Hartnäckigkeit von Armut betroffene Menschen, sie sollten aus dem angeblich so gesunden „Volkskörper“ eliminiert werden. Bis heute wurde die Opfergruppe vom Gesetzgeber nicht anerkannt. Viele Archive und Nachlässe zu den „asozialen Frauen“ sind noch nicht gesichtet.
Aus Scham schweigen viele Nachfahren von „asozialen“ Frauen leider bis heute. Anna Burgers von der Fürsorge verstreute Kinder hatten selber um das Überleben zu kämpfen, erst ihre Enkelin suchte nach den Spuren ihres Lebens. In jeder Familie gäbe es eine „Gedenkkerze“, steht in dem Buch, also zumeist eine Frau, der unbewusst die Aufgaben der Recherche und der Aufarbeitung übertragen werden.
Brigitte Halbmayr: Brüchiges Schweigen. Tod in Ravensbrück – auf den Spuren der Anna Burger, Mandelbaum Verlag, Wien, Berlin 2023
Ersterscheinung im Augustin, Nummer 575, 24. 5. – 6. 6.2023