postheadericon Nie Kind und nie erwachsen

Journalistin und Autorin Peggy Parnass, die als Kind zweimal den Nazis entkam, starb nun 97jährig in Hamburg.

Mit verkniffenem Gesicht saß sie in ihrem Bett und beobachtete die Besucherin mit schalen Augen: „Ich rede mir niemanden über meine Kindheit, warum sollte ich ausgerechnet mit Ihnen darüber sprechen?!“ Redete dann aber von nichts anderem. „Komisch – einerseits nie Kind, andererseits nie erwachsen“, fasste Peggy Parnass in dem schönen Buch „Kindheit. Wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete“, mit Holzschnitten von Tita Do Rego Silva, ihre Gemütslage zusammen.

Peggy Parnass sprang den Nazis zweimal von der Schaufel – ihr Vater Pudl ließ sie mit einem Bekannten aus der Verhaftung flüchten und ihre Mutter schickte die Kinder rechtzeitig mit dem Zug nach Schweden. Die berühmte Gerichtsreporterin, Schauspielerin und Schriftstellerin ist nun im Alter von 97 Jahren gestorben. Nur drei der von ihr so ersehnten Nazi-Prozesse fanden wirklich statt.

Zäh und extrem eigenständig entführte Peggy ihr Brüderchen dreimal aus dem schwedischen Kinderheim und hasste ihre insgesamt zwölf Pflegefamilien. Zeitlebens versuchte sie sich den Umstand, dass ihre Mutter „darauf gepocht hatte“ ihrem Mann ins KZ zu folgen, mit „übergroßer Liebe“ zu erklären. Ein Foto ihrer Mutter mitsamt der kleinen Peggy hing über besagtem Bett.

Ersterscheinung im Augustin, Nummer 618, 9. 4. – 22. 4. 2025

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