Heilt den Weltmeister!
Augustin Theater spielt Achternbusch.
Als Herbert Achternbusch fünf Jahre alt war, gab ihn seine geliebte, alleinerziehende Mutter zur Oma auf einen Speicher im Bayrischen Wald, zum Schutz wegen des Zweiten Weltkrieges. Die Mutter schenkte ihm teure Tubenfarben. Auch nach dem Krieg muss er bei der Oma wohnen bleiben. „Ich erinnere mich, dass ich, wie es mir besonders schlecht ging, bei der Oma oben, mein Gesicht zeichnete… Da sie schon im Bett lag, zeichnete ich bei einer Kerze. An diesem Abend zeichnete ich aus einem Rasierspiegel ununterbrochen mein Gesicht in ein leeres Buch. So lange zeichnete ich, bis mir ein Gesicht gelang, in dem ich mich spürte. Es war eine Erleuchtung: die Zeichnung bin ich, und nicht ich.“ Später verbrannte er die Zeichnung. Was für andere Kinder Schnuller oder Teddybär ist – „Übergangsobjekt“ eben (so nannte es der Kinderpsychiater Donald Winnicott), war für Achternbusch also die Zeichnung. Doch irgendetwas dürfte seine „not perfect mother“ (die laut Winnicott die beste Mutter ist, sie muss nur auf die spontanen Äußerungen und Aktionen des Kindes eingehen) doch richtig gemacht haben, denn sein Spielraum zur Kunst hin erweiterte sich unglaublich. Herbert Achternbusch malte, schuf Holzskulpturen und wurde berühmt für seine sehr lustigen Filme. Mit seinem erotischen Jesus mit riesigen Brustwarzen in dem Film „Das Gespenst“ schaffte er das Kunststück, das der Film in Österreich nach einem Urteil des Landesgerichts Graz bis heute verboten ist!
In „Der Wanderkrebs“ wird der dicke Franz Josef Strauß unter der Weltkugel zerdrückt und alle Toten spielen einfach weiter, mit durchsichtigen Nylon-Capes bekleidet. Sehr bekannt ist auch Achternbuschs Film „Heilt Hitler“, die NS-Bezüge tauchten schon in seiner Malerei auf: „In Nürnberg ärgerte sich keiner über die kleine Hakenkreuzfahne, die ich in den Birnbaum gemalt hatte, vielleicht war sie zu klein, vielleicht passte sie dazu.“
Am 18. März 2017 und an weiteren Terminen zeigt 11% K. Theater „Der Weltmeister“, frei interpretiert nach Achternbusch: Darin geht es um die „Liebe zum Führer“.
Erschienen im Augustin 432, 15. 3. – 28. 3. 2017