Autorenarchiv
Zum Nachhören
Medienmagazin „Recherche“ im September zu „Sozialen Bewegungen und Social Media“ & Straßenzeitungen
Interview mit Kerstin Kellermann – Journalistin und Reporterin beim Wiener „Augustin“
Podcast: medienmagazin.net
Feuerlegen in Venedig
Österreich-Bezüge im Simbabwe- und Roma-Pavillon
„Die Idee einer Nation muss als Vorstellung von Gemeinschaft erneuert werden“, steht im niederländischen Pavillon auf der Biennale Venedig. Der thailändische Pavillon in einem Kaffeehaus erfindet die eigene Nation „Navinland“ und Wachmänner mit Pistolen bewachen den illuminierten Gottvater, fliegend mit Gänsen, von Tintoretto („La creazione degli animali“ 1518). Der illuminierte Jesus gibt anderen zu trinken. Simbabwe und die Roma stellten zum ersten Mal aus.
EVIAN 38 und die Folgen
Exilforschung trifft Flüchtlingsbetreuung
„Wir hatten hier eine Pionier-Tagung, schwer arbeitende Flüchtlingsbetreuerinnen tauschten sich mit Exilforscherinnen aus“, sagt Siglinde Bolbecher von der Theodor Kramar Gesellschaft am Schluß. „Viele Länder führten wegen der jüdischen Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg erstmalig die Visumspflicht ein. So erhielten für Großbritannien nur wenige Fachkräfte und jüdische Kinder die Einreiseerlaubnis, alle anderen nur, wenn sie als Dienstboten angefordert wurden“, sagte sie am Anfang. „Die Konferenz von Evian 1938 begründete die moderne Flüchtlingspolitik!“ Bolbecher ist dagegen, dass sich die Exilforschung momentan Begriffe der Migrationsforschung aneigne und warnt vor Unschärfe, Antisemitismus „in einer antipolitischen Rassismus-Debatte versinken zu lassen!“.
„Super zoom“ aus Südafrika: „You live in a property bubble“
Die beiden südafrikanischen Performerinnen Awelani Moyo und Mmakgosi Kgabi spielen sich hin und weg: „Professor! The state of the West is – excuse my words – fucked up!“
Mit leichtem Geiste und mal eben so nebenbei mit leichter Geste zertrümmern die beiden Frauen Afrika-Klischees in den Köpfen der Wiener Zuschauer – ein Bild nach dem anderen: Awelani Moyo und Mmakgosi Kgabi aus Südafrika hüpfen auf Satire überhöht traditionelle afrikanische Tänze, verfremden die südafrikanische Hymne und strahlen dabei fröhlich von der Bühne herauf in den Zuschauerraum. Ein heller Bretterboden aus Holz liegt über dem schwarzen Boden im schwarz ausgemalten Theater „Dschungel“ im Wiener Museumsquartier. Die Performance „super zoom – Or how I learnt to Feel Good about The African Way“ veräppelt klassische Casting Shows: Zwei Afrikanerinnen investieren ins verarmte Europa und suchen unter den ZuschauerInnen einen Star, um ihr Geld los zu werden. Die fürchten sich und sind begeistert – gleichzeitig. „We travelled all this way – to invest in Vienna! Austria! Europe!“ Saxophonsolo, grünes Licht, klassische Bilder einer schwarzen Frau in Modeshows, dünn und souverän. Und der Jingel, bei dem die beiden in schicken schwarzen Kleidern auf Stöckelschuhen jedes Mal ihre Hüften kreisen: „Super sexy!“ Die beiden zeigen „a couple of contemporary styles“ – „Don’t forget, we are Africans, we can do everything!“ – und starten den Aufruf auf die Bühne zu kommen. „Just be yourself!“ Und es trauen sich echt welche, beim Casting mitzumachen. Die erleichterten Zuschauer gröhlen wie bei einem Fußballspiel.
„Ich habe Angst, aber ich gerate nicht in Panik“
Ein „transkulturelles Thema“ anläßlich der Morde in Norwegen: Die Handlungsfähigkeit von Menschen im Angesicht des Todes und die mediale Berichterstattung dazu. Das SMS aus dem Titel stammt von einem Mädchen vor Ort direkt während der Verfolgungen. Es gilt den emotionalen Widerstand der migrantischen und norwegischen Jugendlichen zu würdigen.
Frei nach der amerikanischen Schriftstellerin, Regisseurin und Fotografin Susan Sontag und ihrem Buch „Das Leiden anderer betrachten“ sollte Kriegs- und Gewalt-Berichterstattung die Leser mit einem Gefühl zurücklassen, dass es möglich ist, Veränderungen am Zustand der Welt zu initiieren und sie nicht in Hilflosigkeit und Ohnmacht versetzen. Die Kriegs-Berichterstatterin bewegte sich selbst immer an der Grenze des inneren Zulassens des beobachteten Grauens und einer weiter fort bestehenden Handlungsfähigkeit entlang. Susan Sontag traf ihre Foto-Auswahl für die großen US-Medien ganz bewußt nach diesem Kriterium.