postheadericon Yael Bartana und die Flüchtlinge: Fiktiver, aber leerer Kunst-Planet

Der Wiener Flüchtlingsstreik zog ins Museum. Gut, dass die Kunst sich der Herausforderung der Solidarität stellt. Aber niemand erklärte den anwesenden Flüchtlingen, was Kunst, was ein Museum, was ein internationaler Kunstraum beitragen könnte für eine Entschärfung der Lage.

Foto credit: Secession 2012

„Wir wollen, dass drei Millionen Juden und Jüdinnen nach Polen zurückkehren“, spricht der Aktivist Slawomir Sierakowski im Film in einer fiktiven Rede vor imaginierten Tausenden von Menschen, „wir wollen, dass ihr wieder mit uns lebt. Wir brauchen euch! Wir fragen euch, ob ihr nicht zurück kommen wollt.“ In ihrer Ausstellung „Wenn Ihr wollt, ist es kein Traum“ in der Wiener Secession wiederholt die israelische Künstlerin Yael Bartana einige Elemente ihrer Schau von der Kunst Biennale Venedig. Mit anderen Mitteln. Waren es in Venedig Schwarz-Weiß-Filme auf großen Leinwänden mit solcherart riesigen Akteuren, z. B. orthodoxen Juden, die einem gleich am Eingang der Installation ins Auge sprangen, so verlässt Bartana sich in Wien eher auf die Ausstrahlung des Objekts und bringt in einer dunklen, grauen Atmosphäre mit gelben Lichteffekten drei Gedenk-Vitrinen voller Gegenstände von Theodor Herzl und Sigmund Freud, sowie einen  „Memorial Shrine“ für ihre eigene Bewegung.

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postheadericon Augenzeuginnen, innere Helfer und Anker

Wie Flüchlingskinder Traumata überwinden: Das Betreuungszentrum „Hemayat“ bringt glückliche, stabile Momente. 

Ein Kassiber ist eine verbotene Nachricht, die ein Gefangener nach draußen schmuggelt. „Kassiber“ kommt vom jidischen Wort „kessaw“ für „Geschriebenes“. Für die Kinder-Therapeutin Sonja Brauner sind Kassiber Zettelchen, die ihr Flüchlingskinder mitbringen, auf denen sie quasi Nachrichten und Botschaften senden. Wer erfahren will, wie man Kinder von den Folgen traumatischer Erfahrungen befreien kann, ihnen Unterstützung und Mut zukommen lassen, ist mit dem neuen Buch „Abbilder der Folter. Hemayat: 15 Jahre Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingen“ bestens versorgt.

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postheadericon Flüchtlinge in der Votivkirche: „Das ist wie ein Krebs, man wird tot innen“

Foto: Heiko Kilian KupriesAuf Menschen mit Todes-Erfahrungen muss man aufpassen…: Weil Shajahan weiß, wo sich ein Ausbildungs-Zentrum der Taliban befindet, würde er in Pakistan ermordet werden. Doch Österreich ist nicht bereit, ihm Asyl zu gewähren. Nun hungert Shani sich die bei den Taliban durch Steroide zugenommenen Kilos in Österreich im Hungerstreik wieder herunter.

 

„Wir wollen den normalen Menschen in Österreich erklären, wie die Situation in unseren Heimatländern ist“, sagt der hagere Mann, der mit einem Schlafsack umhüllt auf einer Matraze mitten in der Wiener Votivkirche sitzt. „Es gibt keinen einzigen Flüchtling hier, der nicht jemand aus seiner Familie verloren hat. Durch den Hungerstreik sind wir alle schon etwas geistig beeinträchtigt („mentally disturbed“).“ Mit seinem Bart, der Mütze und der Kapuze darüber und dem durchdringenden Blick, schaut dieser Flüchtling wie ein Revoluzzer aus. Ein Film- und Fernsehjournalist befragt ihn gerade. „Unsere Forderungen sind keine einfachen“, sagt der Flüchtling. „Wir wollen einen legalen Status und Reisedokumente. Die Mentalität in Österreich macht den Flüchtlingen nur Vorwürfe.“ „Was muss passieren, damit ihr den Hungerstreik beendet?“, fragt der Fernsehjournalist hartnäckig bereits zum zweiten Male, seine Stimme wird lauter. „Wenn wir unsere Rechte erhalten. Wir sind schwach, wir tragen eine Menge Probleme im Herzen und wir kämpfen gegen das System und die Welt“, ist die Antwort. „Wir wollen keine warmen Plätze oder Erleichterungen haben.“

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postheadericon Die Stiefel sind am Marschieren

Wie nah die Vergangenheit des Zweiten Weltkrieges noch ist und wie stark in den Köpfen verankert, zeigt die Schau im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien. Ein friedens-parteiischer Rundgang mit der Künstlerin Alenka Pirman.

Sechs Paar deutsche Marschstiefel marschieren hintereinander quer durch einen Schaukasten, leicht erhöht auf einem Sockel. „Der Ausmarsch“ steht dabei und in Klammer: „Symbolhaft für den Marschbefehl der deutschen Wehrmacht in den Zweiten Weltkrieg am ersten September 1939.“ Alenka macht ein schnelles Handy Foto, stößt mich mit dem Ellenbogen und fragt: „Was wollte uns der Kurator damit sagen?!“

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postheadericon Partisanenkinder: Der lange Schatten des Schmerzes

Wie ein Kind ein erwachsenes Leben lang in sich trägt, was die Nazis ihm angetan haben. Zdravko Haderlap erzählt: Wie ein Kind, das ab elf Jahren im Partisanen-Widerstand war und von Nazis zwecks Informations-Beschaffung auf den Nussbaum gehängt wurde, dieses lebensbedrohliche Ereignis später bildgleich wiederholt und wie anstrengend sich diese Reinszenierungen auf die Nachkommen auswirken.

Wie würdest du einem Wiener erklären, wie das möglich ist – warum die Partisanen nach dem Zweiten Weltkrieg so schlecht behandelt wurden? Warum musste ihr Widerstand so stark verdrängt werden?

Man muss sich das einmal vorstellen: Man war am Ende des Zweiten Weltkrieges auf der Siegerseite und kurze Zeit später war man wieder wie im Krieg und hat seitens der Politik wieder den gleichen Sprachjargon verwendet – bei alledem sind einem aber dieselben Bilder aufgekommen, die man erlebt hat. Politik funktioniert leider so, dass man sich auf Kosten des Anderen an der Macht hält. In Kärnten ist die Politik auch auf Kosten der slowenischen Volksgruppe gemacht worden. Das ist das Spiel der Politik, politischer Mißbrauch. So wie meine Schwester Maja Haderlap selbst gesagt hat: Österreich hat in den letzten Jahrzehnten verabsäumt, offiziell zu sagen, dass die Volksgruppen, vor allem die Kärntner Slowenen, mit dem organisierten bewaffneten Widerstand als Einzige im Deutschen Reich, maßgeblich zur Entstehung der Zweiten Republik beigetragen haben. Man erwartete sich, dass dieser Widerstand irgendwie verstanden wird, aber er ist dann nur so lange aufgenommen worden, bis der Staatsvertrag unterzeichnet wurde. Ich denke, Republik und Demokratie funktionieren nur, wenn man die Minderheiten mit einbezieht, die ja auch alle an diesem österreichischen Projekt mitgearbeitet haben.

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