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Susanne Peter über Drogenabhängigkeit: „Das fängt ja alles schon viel früher an“
Wie hängen diverse Süchte mit schrecklichen Ereignissen in Kindheit und Jugend zusammen? Eine Sozialarbeiterin des Obdachlosenbetreuungszentrums Gruft und eine Pschologin der Drogentherapiestation im Otto-Wagner-Spital reden mit dem Augustin über die Rolle von Traumata, über umgeleitete Wut und über die Qualität der Therapieangebote.
„Bei uns geht es nicht so sehr darum, in der Vergangenheit zu wühlen oder aufzulösen“, erklärt Susanne Peter von der Gruft, dem Caritas Betreuungszentrum für Obdachlose. „Sondern: Wie kann ich den heutigen Tag überleben und gut leben.“ Auf der Terrasse eines Kaffeehauses in der Nähe der Gruft ist es laut. Eine ältere Frau, altmodisch, aber elegant gekleidet, wird von der Kellnerin abgedrängt. Sie protestiert lautstark. „Wohnungslosigkeit ist ein Trauma, das muss man erst einmal verkraften, auf der Straße zu sein“, sagt Susanne Peter, die schon mit 16 Jahren für die Kirche „Tee und Schmalzbrote“ an Obdachlose verteilte, „du hast kein Bett, keine Privatsphäre, keine Intimsphäre – wenn ich ein Bier trinke, muss man das in der Öffentlichkeit sein. Man lebt vor aller Augen, ohne Rückzugsmöglichkeit. Alkohohl ist dann eine Art von Lösung, aber keine gute oder langanhaltende.“
Feiern mit Viktoria
Früher holte ich am 1. Mai in aller Frühe immer eine alte russische Flüchtlingsfrau aus dem Flüchtlingsheim ab. Sie wartete schon hinter der Türe beim Portier auf mich. Fröhlich eine rote Fahne schwenkend zog Viktoria, wie eine alte Sandlerin gekleidet, die Wiener Ringstraße entlang – den Blaskapellen der Sozialdemokratischen Partei hinterher und verkaufte unsere Flüchtlingszeitung „Die Bunte (Zeitung)“. Sie amüsierte sich prächtig, winkte Bürgermeister Häupl kichernd zu und steckte sich eine rote Nelke an. Nach dem Hendelessen im Prater kehrte sie mit Sonnenbrand und voller roter Luftballons an den Mantel gebunden in das Flüchtlingsheim zurück.
Liebe Flüchtende, Flüchtlinge, Flüchtige und Fluchende!
art in migration heißt die Zeitschrift aus Wien, die hinter diesem Blog steht. art in migration ist eine kleine quadratische Kunstzeitschrift, die seit 2005 Kunstprojekte von und mit Flüchtlingen veröffentlicht.
Wir haben Kooperationspartner in Slowenien, Israel, Peru, Pakistan und Berlin – es geht um Kunst in Flüchtlingsheimen, Flüchtlingslagern, in Unterkünften für „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“, um „anerkannte“ Flüchtlinge, die Ausstellungen organisieren, um Kunst, in der und durch die Verfolgung, Trauma oder Folter bearbeitet werden.
Herausgeber ist das Festival SOHO IN OTTAKRING, das einmal im Jahr für zwei Wochen KünstlerInnen in leer stehende Geschäftslokale in Ottakring holt.
Viele Geschäfte standen leer, das Gebiet war von Absiedelungen betroffen, ältere ÖsterreicherInnen zogen weg. Fabriken wie die Kugelschreiberfabrik gingen ein und werden nun nach Ausstellungen neu bespielt oder vermietet. KünstlerInnen ziehen her, viele Ateliers sind auf diese Weise entstanden.