Artikel-Schlagworte: „Familie“

postheadericon Familiengeschichte und Einsamkeit

Das Jüdischen Museum Wien zeigt endlich die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“.

Warum waren alle diese Betroffenen in der Öffentlichkeit über Jahrzehnte so wenig präsent? Sie waren mit ihren Eltern, Großeltern und mit Recherchen zur Familiengeschichte beschäftigt. In einer Kooperation der Jüdischen Museen Wien und München werden nun endlich Kunstwerke von Kindern und EnkelInnen der Holocaust-Überlebenden gezeigt. Die amerikanische Künstlerin Dwora Fried baut in Holzboxen vom Flohmarkt die Geschichte ihrer Familie ein. Eine schwarze Kiste heißt „Sigmund“ (2023) – neben Trachtenpüppchen hängt ein Foto der Künstlerin als Mädchen mit ihren Eltern beim Wiener Eislaufverein. „Meine Mutter konnte mich als Baby nicht füttern“, erzählt Dwora Fried mit steinerner Miene, „weil sie es nicht ausgehalten hat, wenn Babys in der Nacht schreien. Das erinnerte sie an die Nazis, die Babies aus dem Fenster schmissen.“ Ihre Mutter redete erst mit den Enkeln über Auschwitz: „Ich dachte immer, sie wird tot umfallen, wenn ich sie etwas frage“. Im Katalog gibt es viele Stimmen von Betroffenen zu lesen, die noch keine Übersetzung ihres Lebens in Kunstformen „geschafft“ haben.

Ersterscheinung im Augustin, Nummer 606, 9. 10. – 22. 10. 2024

postheadericon Durch Familien-Recherche Hoffnung schöpfen

Niemand sollte anderen Menschen die Hoffnung nehmen, die sie aus der „Vorfahren-Recherche“ erreichen können. Außer man ist ein Täterkind und doppelt ambivalent. Ein Täterkind will schauen und wieder auch nicht.

Warum ist es so wichtig, seine eigenen Vorfahren zu recherchieren? Oft gibt es Familien-Gerüchte, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, aber nie überprüft wurden. Die im Laufe der Jahre abgeschliffen und verändert wurden. Leerstellen. Obsessionen, Besessenheiten, seltsame Eigenheiten – die sich keiner so richtig erklären kann. Starke Gefühle, die bei kleinstem Anlass plötzlich ausbrechen können, die nicht zur Situation passen.

Es ist wichtig zu wissen, ob ein Verwandter wirklich von den Partisanen ermordet wurde, wie vor kurzem jemand schrieb und wieso und warum. Was die Hintergründe dieser Tat waren. Durch gezieltes Nachfragen fand zum Beispiel eine Kärntner Bekannte aus dem Grenzgebiet heraus, dass ihre Tante auf dem Weg zur Polizei war, als sie erschossen wurde. Die slowenische Familie der Frau war eigentlich Pro-Partisanen eingestellt, doch die Tante war mit einem Mann zusammen, der „von den Deutschen gedreht und dann bei der GESTAPO der Größte“ geworden war. Dieser Mann überredete seine Freundin, die Partisanen-Gruppe in ihrem Wald zu verraten. „Sie wollte eigentlich gar nicht“, erfuhr meine Bekannte von ihrer Mutter, „aber der Mann brachte sie dazu.“

Diesen Beitrag weiterlesen »

Archiv